Teile und herrsche: Tesla gibt Patente frei

Tesla-Gründer Elon Musk verwirrt die Auto-Branche: Nach den Ladesäulen soll nun auch die gesamte Technologie des Elektroauto-Bauers frei nutzbar sein. Welches Ziel verfolgt der exzentrische Unternehmer?

Tesla Motors und insbesondere Chef und Mitgründer Elon Musk sind bekannt für Aufsehen erregende Schlagzeilen. Zuletzt hieß es aus Palo Alto, man plane eine Riesen-Batteriefabrik zu bauen, um die hohen Kosten der Akkuproduktion zu senken. Nun geht der kalifornische Elektrowagen-Hersteller also auf Kuschelkurs zur Konkurrenz: „Alle unsere Patente gehören euch!“ heißt es emphatisch am 12. Juni in seinem Blog. Erst kurz zuvor hatte Tesla bekannt gegeben, dass man das Technologie-Wirrwarr an den Ladesäulen durchbrechen, und den eigenen Standard für andere Fabrikate zugänglich machen wolle. Was steckt hinter den scheinbar aus reinem Altruismus initiierten Neuerungen?

Zielstrebiger Exzentriker

Vielleicht spricht aus den teils phantastisch anmutenden Ankündigungen von Tesla-Chef Elon Musk der Einfluss seiner ersten Frau. Vielleicht fühlte sich der Student damals aber auch gerade seiner eigenen visionären Ader wegen ausgerechnet zu einer Fantasy- Autorin hingezogen. Jedenfalls schockiert und belustigt er die Welt immer wieder mit Projekten, die wie pure Science Fiction klingen. Die Kolonisierung anderer Planeten beispielsweise. Kein Wunder, dass die Automobilbranche den exzentrischen neuen Konkurrenten erst einmal nicht ganz ernst nimmt, als Musk vor rund zehn Jahren ein massentaugliches Elektroauto bauen will. Allerdings, eins muss man ihm lassen: So verrückt seine Pläne auch scheinen mögen – Musk arbeitet zielstrebig daran, sie umzusetzen. Menschliches Leben auf dem Mars mag zwar noch weiter Ferne sein. Doch vor sechs Jahren gelingt es seinem Unternehmen SpaceX, die erste rein privat finanzierte Rakete ins All zu schießen.

Elektro-Limousine kommt gut an – mit etwas Starthilfe

Auch beim Elektroauto für jedermann geht es voran. Noch ist der Tesla Model S zwar eher ein Luxus-Vergnügen für die betuchtere Kundschaft – wie so viele E-Autos. Immerhin, mit seinem zweiten Modell hat es das Internet-Startup aus dem Silicon Valley aller Skepsis seitens der etablierten Automobil-Hersteller zum Trotz tatsächlich geschafft, ein ganz eigenes Fahrzeug bauen. Vielleicht auch ein Vorbild für Googles selbstfahrendes Auto, das nun ebenfalls in Eigenregie entstehen soll? Teslas Elektrolimousine jedenfalls kommt gut an bei der Kundschaft – zumindest dort, wo der hohe Anschaffungspreis wenigstens zum Teil durch staatliche Förderung von Elektromobilität aufgefangen wird. Also zum Beispiel in Norwegen oder in Teslas kalifornischer Heimat. In den USA schlägt der Stromer im vergangenen Jahr sogar die deutsche Premium-Konkurrenz von Porsche, BMW und vor allem die Mercedes S-Klasse und wird zur beliebtesten Luxuslimousine.

Aus der Ökonische ins Luxus-Segment

Eins hat Musk also bereits geschafft: Das Image vom Elektroauto ist facettenreicher geworden. Galten die Stromer früher doch in erster Linie als etwas langweilige und zudem unpraktische Fortbewegungsmittel für vernunftbetonte „Ökos“. Mit dem Tesla Roadster, einem in Zusammenarbeit mit Lotus gebauten Sportwagen, zeigten die Kalifornier bereits, das E-Autos durchaus Spaß machen können. Mit dem Tesla Model S ist das E-Auto nicht nur sexy, sondern auch elegant geworden. So erschließt Musk den Stromern eine völlig neue Kundschaft: Elektroantrieb und Luxus sind kein Widerspruch mehr.

Teile und herrsche

Dies kann jedoch auf dem Weg zum Volks-Elektrowagen nur ein Zwischenstopp sein. Das Kalkül dahinter: Setzt sich die Technik in der Oberklasse durch, wird sie früher oder später auch im Massen-Segment ankommen. Doch dafür müssen Elektroautos erst einmal erschwinglich werden – und das heißt wiederum, die Nachfrage muss angekurbelt werden. Vor diesem Hintergrund wird klar, was neben jeder Menge kostenloser PR für Tesla bei der Freigabe eigener Patente herausspringen soll: Musk will vor allem einen wachsenden Markt schaffen. Und den gibt es nur dort, wo der Kunde auch Auswahl hat. Denn was nützt es, den ersten Platz unter den Elektroautos einzunehmen, wenn danach gar nichts mehr kommt? Vielmehr gilt hier der Grundsatz: Teile und herrsche. Denn: Erst durch die Vielfalt des Angebots wird das Elektrosegment so groß, dass auch Tesla weiterwachsen kann. Erst wenn auch andere Hersteller die Nachfrage nach einem gut ausgebauten Netz an Ladesäulen stärken, wird in solche Infrastruktur investiert. Denn, so Musk, die wahre Konkurrenz seien nicht die wenigen Elektrofahrzeuge anderer Marken, sondern die große Masse der weiterhin auf Verbrennungsmotoren setzenden Autos, die jeden Tag vom Band rollen. Insofern wirkt Teslas großherziges Angebot zugleich wie eine freche Herausforderung an die etablierten Autohersteller, es den Kaliforniern gleichzutun und die Weiterentwicklung der Elektromobilität mit voranzutreiben. © Fotos: Tesla Motors

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